In Aufräum-Methoden, Ordnung im Kopf

Heute ist Totensonntag. Als älter werdender Mensch machst du dir vielleicht Gedanken darüber, ob deine letzten Jahre schön sind und leicht und voller Freude. Automatisch kommen Gedanken, wie es sein wird, wenn du nicht mehr bist. Und vielleicht auch, was du deinen Liebsten eines Tages hinterlassen wirst. Auch, wenn du das vielleicht nicht gerne hören magst: Damit meine ich kein monetäres Kapital.

In unserer Kultur war es sehr lange Zeit üblich, unser Hab und Gut zu sammeln. Und später an unsere Kinder oder Enkel weiterzugeben. Das war in Zeiten von Not absolut sinnvoll. Schön war, dass Dinge noch Qualtiät bedeuteten und dementsprechend einen Mehrwert darstellten, für jene, die davon profitieren durften. Aber heute …? Egal, welche Generation es ist: Wir haben von allem viel zu viel, sind mehr als „satt“, sozusagen. Wir brauchen nichts, haben genug von allem … und das Erben von Dingen wird zu einer psychischen und physischen Belastung.

Über das schwedische Death Cleaning sollten wir älter werdenen Leute also einmal nachdenken:

 

Was ist das denn: Death Cleaning?

Death Cleaning, auch bekannt als „Swedish Death Cleaning“ oder in der Originalsprache „Döstädning“, sind Grundgedanken, das jetzige Leben zu vereinfachen und sich von unnötigem Ballast zu befreien. 

Die Idee dabei ist, im Laufe der letzten Jahre so viel wie möglich auszusortieren und aufzuräumen, sodass am Ende nicht die Angehörigen mit großem Aufräumaufwand belastet werden. Das ist klug und passt in diese Zeit.

Der Begriff „Death Cleaning“ stammt ursprünglich aus Schweden und wurde erstmals in der 2006 erschienenen Ratgeber-Buch „The Gentle Art of Swedish Death Cleaning“ von Margareta Magnusson verwendet. 

Die deutsche Übersetzung hat den Titel „Frau Magnussens Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen.“ Mittlerweile hat sich der englische Begriff „Death Cleaning“ jedoch auch in Deutschland etabliert – er bringt das sensible Thema kurz und knapp auf den Punkt.

Death Cleaning ist kein neues Konzept, sondern basiert auf dem traditionellen schwedischen Brauch des „Slutstädning“. Dabei handelt es sich um eine gründliche Reinigung des Hauses, die kurz vor dem Tod eines Familienmitglieds durchgeführt wird. Slutstädning bedeutet jedoch mehr als nur das Aufräumen der Wohnung. Es geht vielmehr darum, alles Unnötige loszuwerden und somit das Leben zu vereinfachen. Der Grundgedanke hinter dem Death Cleaning ist es also, im Laufe des Lebens so viel wie möglich auszusortieren und aufzuräumen, sodass am Ende nicht die Angehörigen mit dem großen Aufräumaufwand zurückbleiben.

 

Welche Vorteile hat Death Cleaning? 

Der Vorteil vom rechtzeitigen Aufräumen und Loslassen ist, dass man selbst die Kontrolle über sein Hab und Gut hat. Man entscheidet selbst, rechtzeitig, was mit den Sachen passieren soll. Damit kann man so seinen Angehörigen eine große Last abnehmen und ihnen damit später auch die Trauerarbeit erleichtern. 

Um es richtig zu verstehen: Death Cleaning ist keine Religion oder Philosophie. Es ist eine Haltung und eine Entscheidung. Es beginnt mit der Erkenntnis, dass wir nicht zur Ewigkeit hier sind und dass alles endet – unsere Arbeit, unsere Beziehungen … und auch unsere Sachen. 

Death Cleaning ist kein endgültiger Abschluss, sondern ein Prozess. Er regt uns dazu an, unsere Gedanken und Aufmerksamkeit auf die Dinge zu richten, die uns wirklich am Herzen liegen. Das ist so wichtig! Wir lernen, unser Leben aus dem Blickwinkel des Vergangenen und des Loslassens zu betrachten. Es ist wirklich bereichernd und wer sich darauf einlässt, sieht seine Endlichkeit entspannter.

Immer mehr Menschen widmen sich diesem Thema, und das ist gut so. Es gibt so viele Vorteile, wenn man sein Leben bereits vor dem Tod ordentlich und aufgeräumt verbringt. Zum einen hat man die Gewissheit, dass alles seine Ordnung hat und man nicht unvorbereitet in die Ewigkeit hinübergeht. Na ja, niemand weiss, wann der Tag X da ist. Zum anderen kann man seine Zeit und Energie in das Leben hier und jetzt investieren, statt sich um mittlerweile unbenötigte Dinge zu kümmern … das ist doch wirklich verschwendete Lebenszeit.

Fakt ist: In jedem Haushalt gibt es Dinge, die nicht mehr gebraucht werden oder Sachen, an denen man emotional hängt. Gerade diese Dinge sorgen oft für Unordnung und Stress. Die Gedanken des Death Cleaning helfen dabei, diese Dinge anzugehen und sich den Alltag endlich zu vereinfachen. Zeitgewinn ist die Belohnung.

 

Keine Angst vorm Sterben

Menschen haben Angst vor dem Sterben, nicht alle, aber viele. Wie ist der Gedanke, sich stattdessen auf das Sterben vorzubereiten? Ganz langsam und nebenbei. Mit jedem Jahr, das man älter wird. Death Cleaning ist dabei der Gedankenansatz, den Tod als Teil des Lebens anzunehmen. Und sich deshalb ganz entspannt auf das Ende vorzubereiten. Warum denn auch nicht…? Man bereinigt also nach und nach sein Leben und lebt so die letzten Jahre entspannter und freier vom Ballast der Dinge vergangener Zeiten. 

Oft geht es uns doch gar nicht um die Angst vor dem Sterben, sondern um die Angst vor dem Ungewissen. Und auch vor dem Unerledigten. Dabei muss uns doch klar sein: Alles, was unausgepackt und unorganisiert ist, verbleibt letztendlich für die Angehörigen. Wollen wir das? Dazu kommt: Das macht es für unsere Liebsten eines Tages viel schwerer, Abschied von uns als Person bzw. als Persönlichkeit zu nehmen.

Die Frage ist berechtigt: Wie wollen wir denn bei unseren Lieben in Erinnerung bleiben? 

Nun, möglichst als liebenswerter Mensch, natürlich. Aber soll dazu auch der Gedanke aufkommen, eine Person gewesen zu sein mit unglaublich vielen Dingen und Kram, der entsorgt werden musste? Wer ehrlich ist, stellt fest: Wir haben viel mehr Zeugs, als wir brauchen. Alle. Und so betrachtet, schieben wir die Verantwortung für unseren Besitz eines Tages auf die Hinterbliebenen ab, wenn wir uns nicht rechtzeitig selbst darum kümmern.

Ein Gedanke, der wichtig ist, gedacht zu werden. Nicht wahr …?

 

Wie geht Death Cleaning?

Im Death Cleaning geht es um Klarheit über die Wünsche und Ziele im jetzigen Leben. Und um die Überprüfung, das Aufräumen und die Organisation aller Gegenstände und Dokumente. So könntest du beginnen:

 1. Schritt: Mache eine Liste der Dinge, die du loswerden möchtest.

Sei beruhigt: Es gibt kein Richtig oder Falsch beim Aufräumen vor dem Sterben. Aber mache dir zunächst einmal Gedanken darüber, was genau du wirklich nicht mehr benötigst. Beginne am besten mit den Dingen, die am meisten Platz wegnehmen. 

2. Schritt: Entscheide, was du behalten möchtest. 

Nachdem du dir überlegt hast, was du in jedem Fall loswerden möchtest, entscheide dich, was du in jedem Fall behalten möchtest. Was ist dir wirklich wichtig? Ohne was magst du nicht leben? Behalte nur die Dinge, die du wirklich brauchst und liebst. 

3. Schritt: Sortiere deine Sachen. 

Hier geht es ans Eingemachte: Sortiere all deine Sachen. Lass es ruhig angehen und gehe systematisch vor. Das Aufräumen vor dem Sterben ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Also nimm die Zeit, die du brauchst. 

4. Schritt: Loswerden! 

Jetzt kommt der schwierigste Teil: Sag Goodbye zu all den Dingen, deren Zeit überholt ist. Wer braucht denn noch Sekt- und Cognacgläser, wenn von den älteren Freunden niemand mehr Alkohol trinkt? Oder Geschirr für 24 Personen, wenn man seinen Geburtstag lieber im Lokal feiert? Das kann schwer sein, aber denke immer daran: Je mehr Ballast du loslässt, desto leichter wird dein Leben sein … auch wenn es manchmal wehtut. Denk mal darüber nach: Mit Freude verschenken, macht das Weggeben leicht.

5. Na und …?

„Aufgeräumt sterben“ ist als reine Bezeichnung keine schöne Vorstellung. Doch wenn du bedenkst, welchen Einfluss deine letzten Dinge auf dein Leben haben, solltest du dir Gedanken darüber machen, was du hinterlassen möchtest. 

Death Cleaning ist also ein guter Anfang für deine letzten Jahre. Mit diesen Gedanken kannst du dir dein Leben leichter machen und deinen Lieben gute Erinnerungen hinterlassen, statt Ballast und Zeugs.

Du brauchst dir keine Sorgen mehr darüber machen, was passiert, wenn du nicht mehr da bist. Mit Death Cleaning kannst du alles in Ordnung bringen und deiner Familie oder deinen Freunden eine Last von den Schultern nehmen. Also, was spricht dagegen?  Fange noch heute damit an und mache dir deine Zukunft einfach und leicht.

 

Über mich:

2013 starb meine Mutter. Der Haushalt war gepflegt, aber mit vielen geliebten Dingen des Lebens gefüllt. Ich kannte die Geschichten, die Wertschätzung für jeden einzelnen Gegenstand. Auch diese Wertschätzung hatte ich mental geerbt. Glücklicherweise durfte ich mir Zeit nehmen: Ich brauchte vier Monate, den Haushalt aufzulösen. Es ist nicht leicht und die Gefühle sind stark, wenn die Verantwortung für die Dinge der Mutter übernommen wird. Ich habe es gerne gemacht, und es war eine persönliche Zeitreise in die Vergangenheit. Ich hatte das Glück, mir in meiner Selbstständigkeit die Zeit nehmen zu können und mich mit den Gefühlen und Gedanken auseinanderzusetzen. Und alles in Ruhe zu organisieren.

Und dann hatte ich 2015 einen schweren Autounfall. Und meine Erkenntnis kam mit aller Macht: 

Ohje … wenn mir jetzt Ernstes passiert wäre: WAS würde ICH denn alles hinterlassen? Müsste meine Familie sich um meinen persönlichen Krempel kümmern? Habe ich alles so gut organisiert, dass kein Stress entsteht? WISSEN meine Liebsten eigentlich, WO sich die wichtigen Dokumente befinden?

In meinem Kopf haben die Alarmglocken geläutet. DAS waren für mich dringende Gedankengänge und so habe ich selbst mit 52 Jahren mein Death Cleaning begonnen. Und ich arbeite stetig daran, Jahr für Jahr. Denn die Bedürfnisse ändern sich. Und viele Dinge, die früher einmal wichtig waren, werden zur Nebensache. Solche Nebensachen möchte ich nicht mehr in meinem Leben. Ich möchte mich auf das konzentrieren, was heute für mich wichtig ist. Und nicht auf das, was einmal war.

Du siehst, es ist mein Thema. Als „Boomer“ bin ich mittendrin im Wandel von Besitz und Konsum. Und glaube mir, aus meiner Erfahrung: Wenn du dich darauf einlässt, wird es dir neue Spannung im Leben bringen. Und Freude für das, was ist und für das, was war. Leg einfach los.

Schreibe mir, wenn du Fragen dazu hast oder wenn du Unterstützung für dein eigenes „Death Cleaning“ möchtest. Mit Gedanken oder mit Tatkraft – ich bin an deiner Seite, wenn du es möchtest.

Carola Böhmig, boehmig@ordnungsservice.com

 

PS: Das Buch von Frau Magnussen kenne ich bereits seit 2013. Es erschien passend in dem Jahr, als meine Mutter verstarb. Es ist liebevoll verfasst und ermutigend geschrieben. Du findest darin das Wissen der Älteren: Frau Magnussen war 88 Jahre alt, als sie das Buch schrieb. Ich war hoch beeindruckt vom Inhalt und habe direkt begonnen, mich persönlich auf das rechtzeitige Aufräumen einzulassen. Ich schrieb ihr, habe mich ihr vorgestellt und durfte sie final in Stockholm besuchen. Bei einem leckeren Kaffee haben wir über den Reichtum des Lebens und über Death Cleaning geplauscht. Das Foto zeigt uns beide im Jahr 2018.

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