In meinem Leben gibt es diese kleine, feine Spielgruppe. Seit Jahren treffen wir uns – Freundinnen und Freunde, liebe Bekannte, alle um die 50/60 – einmal im Monat, um gemeinsam Gesellschaftsspiele zu spielen, zu lachen, zu diskutieren, einfach Zeit zu teilen. Ein liebgewonnener Fixpunkt im Kalender, eine schöne Tradition. Oder sagen wir besser: es war eine.
Denn seit einigen Monaten ist es, als hätte sich etwas verschoben. Wenn ich einen Terminvorschlag in die Runde schicke, kommen nur noch vereinzelte Rückmeldungen. Einige reagieren leider gar nicht. Der Versuch, einen gemeinsamen Termin zu finden, gleicht einem zähen Ringen, als wollte man „auch noch etwas“. Und am Ende bleibt oft: Eine kleine Gruppe. Nun, besser als nichts. Aber: Der Spirit, der so schön war, ist weg.
Ich merke, wie mich diese schwindende Verbindlichkeit ärgert. Und vor allem, wie es mich traurig macht.
Es ist nicht nur die Spielegruppe … ich finde diese Veränderung in vielen meiner freundschafllichen Verbindungen.
Dann frage ich mich: Was ist nur los mit uns?
Warum wird es immer schwieriger, sich auf etwas verbindlich festzulegen?
Wo ist die Leichtigkeit geblieben, mit der wir früher einfach gesagt haben: „Ich bin dabei“?
Wenn Verbindlichkeit zur Ausnahme wird
Meine kleine Geschichte ist kein Einzelfall. Ich erlebe es auch in anderen Zusammenhängen – beruflich wie privat. Menschen sagen vage „vielleicht“, melden sich dann doch nicht mehr. Auf konkrete Fragen kommt Schweigen. Einladungen versanden ohne Antwort.
Manchmal kommt es mir so vor, als lebten wir in einer Zeit des Ungefähren. Niemand will sich festlegen. Optionen offenhalten ist wichtiger als Zusagen. Alles soll möglichst flexibel bleiben – jederzeit absagbar. Als ob das Leben ein großer Kalender voller Eventualitäten wäre.
Und dabei sind wir keine 20 mehr. Wir sind in einem Alter, in dem man weiß, wie wertvoll Zeit ist. Wie sehr echte Begegnung trägt. Und wie sehr man sich auf Menschen verlassen können möchte.
Warum fällt es uns so schwer, verbindlich zu sein?
Vielleicht liegt es daran, dass wir alle sehr gefordert sind – beruflich, familiär, emotional. Vielleicht ist es auch ein kultureller Wandel, eine Art kollektive Erschöpfung oder sogar Überforderung. Die digitale Welt macht es leicht, auf Abstand zu gehen: keine Reaktion ist auch eine Antwort.
Oder es ist die Angst, sich festzulegen und dann etwas zu „verpassen“. Lieber nichts versprechen, als nachher absagen müssen.
Aber in Wahrheit verpassen wir genau dadurch etwas ganz Wesentliches: Nähe, Kontinuität, Verlässlichkeit. All das, was Beziehungen nährt.
Verbindlichkeit ist kein Gefängnis. Sie ist ein Geschenk.
Verbindlich zu sein heißt nicht, sich einzuengen. Es heißt, jemandem zu sagen: „Du bist mir wichtig. Ich nehme mir Zeit für dich. Auf mich kannst du zählen.“ Das gilt natürlich auch für eine Gruppe.
Natürlich darf man mal absagen, überfordert sein, spontan entscheiden. Aber wenn das zur neuen Norm wird, verliert unser Miteinander an Tiefe. Und am Ende fühlen sich alle ein bisschen allein.
Vielleicht ist es Zeit, dass wir uns wieder mehr trauen, klar zu sein:
– Ja, ich komme.
– Nein, diesmal schaffe ich es nicht.
– Ich melde mich – und meine es auch so.
Das kostet manchmal ein wenig Überwindung, aber es schafft Raum für echtes Vertrauen.
Mein kleines Vorhaben gegen schwindende Verbindlichkeit
Ich werde es weiter versuchen mit unserer Spielgruppe. Wieder Termine vorschlagen. Klar formulieren, was ich mir wünsche. Und mich selbst an die Nase fassen: auch ich darf verbindlicher sein, nicht nur erwarten.
Denn ich glaube fest daran: Verbindlichkeit ist ein Wert, den wir uns zurückholen können – ganz leise, in kleinen Schritten. Und gerade in dieser unruhigen Welt ist sie wichtiger denn je.
Was denkst du?
Kennst du das auch – dieses Gefühl, dass das Verbindliche im Miteinander schwindet?
Was sind deine Erfahrungen damit? Ich freue mich über deine Gedanken dazu – schreib mir gern. Ich bin Carola Böhmig, Gründerin von OrdnungsService.com und Verfechterin der Raumonie, der Wichtigkeit vom schönen Wohnen.